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Grippe und der Schnupfen

Dr. med. homöop. Heinrich Will (1891-1971)

Freund Hatzi, ein ungebetener Gast

„Deinen Schnupfen sollst du brüten,
und wenn’s geht, das Bette hüten!“

Ja, da ist er wieder, der dumme Schnupfen! Unsere Großeltern haben ihn kaum gekannt, unsere Eltern suchte er alle paar Jahre heim, zu uns kommt er schon mehrmals im Jahr, ganz entsprechend der zunehmenden Verschlackung unserer Gewebe durch den intensiveren Lebensprozess.
Ein Gewitter ist er gerade nicht, und doch hat er so etwas wie Schwüle, Blitz und Regen mit ihm gemein. Wir fühlen uns nicht recht wohl, uns fröstelt, die Glieder werden schwer, und wie sich vor dem Gewitter aus dem blauen Himmel heraus die Wolken zusammenziehen, so ballt sich in uns etwas von den einen her nach dem Kopfe zuzusammen: uns wird schwül und benommen im Kopf, die Augen werden schwer, die Denkkraft lässt nach, und es beginnt im Halse zu kratzen. Aha, denken wir: eine Halsentzündung! Wir messen kein Fieber, also auch keine Halsentzündung! Und da fährt schon der Blitz mit lustigem Hatzi in die brütende Schwüle, ein Sturm der Erleichterung geht durch den ganzen Leib, die Zellen quellen über, die Bäche sammeln sich zum Fluss in Richtung Nase, es tröpfelt, es tropft und fließt: der Schnupfen ist da!

Das Heilmittel
Warum gibt es beim Schnupfen keine Heil-, sondern nur Unterdrückungsmittel? Weil der Schnupfen selbst ein Heilmittel ist! Der Gewitterregen heilt die Natur von der drückenden Schwüle, und der Nasenfluss befreit den Körper von abgelagerten Stoffwechselgiften. Je mehr davon abgelagert sind, desto häufiger kommt Freund Hatzi, lädt auf und fährt ab. Unsere Großeltern lebten von Grütze, Gemüse und Vollkornbrot und Milch. Wir lieben Fleisch und Eier, Nudeln und Weißbrot, Zuckerzeug und Konserven, Kaffee und Alkohol. All das schmeckt glänzend, aber verschlackt die Gewebe, bringt die Säfte zum gären, und die Nase ist das Ventil für den Überdruck. Unter der Nasenschleimhaut liegen Schwellkörper. Wenn der Giftdruck in den Säften zu stark wird, dann sammelt das Blut die Gifte, füllt damit die Nasen-Schwellkörper, verwandelt sie darin zu Wasser, Schleim und Eiter und drückt sie durch die Schleimhäute nach außen. Deshalb ist die Nase beim Schnupfen so geschwollen, dass wir oft keine Luft mehr bekommen. Es gibt Mittel, welche die Schleimhaut lähmen und die Gifte nicht herauslassen. Aber dann geht meist der Schuss nach hinten los und der Giftstrom fließt in ein anderes Organ, das mit ihm vielleicht nicht so schnell fertig wird wie die Nase. Manches Asthma ist die Folge eines unterdrückten Schnupfens, und mancher Patient bittet: „Ach, Herr Doktor, geben Sie mir meinen Schnupfen wieder!“

Nochmals Hippokrates
„Krankheiten fallen nicht vom Himmel, sondern sind die Folgen unserer Fehler gegen die Natur“, schrieb der Vater der Heilkunde um 400 v. Chr.. Einen Schnupfen nicht herauskommen zu lassen, ist ein solcher Fehler gegen die Natur. Die Schwüle vor dem Ausbruch beweist, dass es nicht ein Nasenleiden ist, sondern eine Allgemeinkrankheit, die durch die Nase nur geboren wird. Wenn wir etwas „dagegen“ tun wollen, dürfen wir nicht die Geburtsöffnung verstopfen, sondern müssen das werdende Wesen gut ausbrüten und dann herauslassen, was heraus will. Der beste Brutofen für den Schnupfen ist das warme Bett nach einem heißen Bad und dazu eine gute Portion heißen Lindenblütentee mit ein paar Tropfen Eukalyptus-Öl darin. Wer seinen Schnupfen zwei bis drei Tage im Bett gut ausbrütet, erspart sich zwei bis drei Wochen mit Schnupfenkopf.
Nicht der Schnupfen ist das Unglück, sondern das, was dem Schnupfen vorangegangen ist: die vermeidbaren und unvermeidbaren Lebensfehler. Lasst uns daher den Schnupfen als Freund begrüßen!

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