Das einzige Grün, das uns in winterlichen Laubwäldern manchmal begegnet, ist das der immergrünen Mistel, welche auf Laubbäumen als Schmarotzer wächst. Es ist verständlich, dass der eigenartige kugelige Strauch mit den lanzettförmigen Blättern und erbsengroßen weißen Beeren, der auf den Bäumen oft wie ein großes Vogelnest erscheint, schon seit den Zeiten der alten Griechen und Germanen die Aufmerksamkeit auf sich gelenkt hat und zu allerlei Heil- und Zauberhandlungen gebraucht wurde, die bis in unsere Zeit herein nachwirken, so z.B. in England als unentbehrlicher Festschmuck zu Weihnachten und Neujahr.
Die Nachprüfung der alten Empfehlungen durch die moderne Pharmakologie hat den Heilinstinkt der Naturvölker in vielen Punkten bestätigt. In erster Linie wirkt die Mistel auf den Bluthochdruck und alle damit verbundenen Beschwerden wie Schwindel, Kopfschmerzen und nervöse Reizbarkeit. Auch manche Kreislaufstörungen und Beschwerden der Wechseljahre werden günstig beeinflusst. Sicher ist, dass sie in zahlreichen Fällen von Kinderkrämpfen und Epilepsie, sowie bei Blutungen geholfen hat, doch gibt es hier bessere Mittel, und man sollte bei solchen ernsteren Leiden sich nicht auf Hausmittel verlassen, sondern einen Arzt zuziehen.
Die Mistel ist in neuester Zeit zu einer der großen Hoffnungen für die Bekämpfung des Krebses geworden. Wenn sich die Hinweise bestätigen sollten, die der hellsichtige Geistesforscher Dr. Rudolf Steiner in den letzten Jahren seines Lebens bezüglich der Krebsbehandlung mit Mistelpräparaten gegeben hat, dann würde die Mistel in die Reihe der ganz großen Heilmittel aufrücken. Tatsächlich bestehen auffallende Parallelen beim Wachstum der Mistel und des Krebses, und oft schon hat die Natur und durch solche Zeichen Wanke für Heilwirkungen gegeben. Die Versuche mit Mistelpräparaten bei Krebs sind noch im Gang und haben zunächst bei den Vorstadien des Krebses ermutigende Erfolge gezeitigt.
Alle diese medizinischen Erfahrungen deuten darauf hin, dass die Mistel in erster Linie ein Nervenmittel ist. In unserer Zeit des übermäßigen Nervenverbrauchs dürfte es daher auf jeden Fall empfehlenswert sein, mehrmals im Jahr die Zauberkräfte der Mistel auf sich wirken zu lassen und dadurch das Nervensystem ganz allgemein zu stärken, um den genannten Krankheiten vorzubeugen.
Man verwendet zu einer solchen Kur die getrockneten fein geschnittenen Blätter und Zweige der Mistel (in Apotheken und Drogerien), übergießt etwa 30 gr. davon mit 1 Liter kochenden Wassers zum Tee und trinkt davon täglich 2-3 Tassen mehrere Wochen lang. Ähnliche Dienste tut das ebenfalls aus Zweigen und Blättern hergestellte Mistelpulver, von dem man dreimal täglich eine Messerspitze voll nimmt. Will man mehr auf Frauenleiden wirken, dann mischt man den Mistel-Tee mit gleichen Teilen Zinnkraut und Hirtentäschel. Bei Krämpfen gibt man gleiche Teile Mistel- und Baldrian-Tee.