1971 18. Jahrgang aus der Zeitschrift „neuform“ Gewinne Dein Leben zurück
Viel hilft nicht viel – Trübe Augen durch Überernährung
Von Dr. med. homöop. Heinrich Will (1891-1971)
Nehmen wir einen erlebten Fall: Frau K. war beunruhigt darüber, dass ihr Mann immer so trübe Augen habe. Er sei sonst vollkommen gesund, Blut- und Organuntersuchung, sowie Röntgendurchleuchtung hätten keinerlei krankhaften Befund ergeben. Sehen wir uns Herrn K. nun etwas näher an: er hat trübe Augen, ist leicht traurig und niedergeschlagen, obgleich es ihm wirtschaftlich sehr gut geht und er keinerlei Feinde hat. Er hat gelegentlich Herzbeschwerden, die sich in Herzklopfen und Beklemmung äußern, besonders wenn jemand ihn unerwartet anspricht. Dies deutet darauf hin, dass irgendeine Angst in ihm lebt. Auch aus seinem ganzen Wesen spricht eine seelische Bedrückung, über deren Gründe er dauernd nachgrübelt, ohne zu einem Resultat zu kommen. Herr K. hat eine sehr gutmütige, ja liebevolle Natur, er kann keinem Tier etwas zuleide tun, geschweige denn einem Menschen. Er ist ein Mann, der viel Gutes tut aus innerstem Antrieb heraus. Es ist also auch für den aufmerksamen Beobachter kein Grund zu entdecken, warum er innerlich bedrückt und seelisch disharmonisch ist.
Wenn wir aber seine Lebensweise genauer betrachten, so finden wir, dass er ungewöhnlich viel isst. Kein Wunder: er kann sich alles leisten und möchte nun durch essen möglichst viel Kraft bekommen. Um über den Appetit hinaus essen zu können, verlangt er einen geschmückten Tisch, eine durch Gäste geförderte geistreiche Unterhaltung, gute Tischweine und mehrere raffiniert zusammengestellte und reizvoll angerichtete Gänge. Der Anblick und der Duft der verschiedenen Gerichte reizen dann seinen Magen immer aufs Neue, so dass er weit über das Sättigungsgefühl hinaus essen kann. Nun fällt uns auch auf, dass er einen unförmigen Bauch bei schlanken Gliedern hat, dass er viel an Blähungen und Aufstoßen leidet und schlecht aus dem Mund riecht, was er durch Tabakrauchen zu verbergen sucht.
Diagnose: Herr K. isst mehr als er verdauen kann. Das Unverdaute wandelt sich in Gase um, die zunächst den Leib auftreiben, dann aber ins Blut übergehen, Herzbeschwerden machen und auch die Ursache der trüben Augen und der seelischen Depressionen sind. Die Gase, die nur zum geringsten Teil nach oben und unten abgehen, schlagen sich dann in den Geweben als Schlacken nieder und werden über kurz oder lang zu einer Krankheit führen.
Therapie: Selbsterkenntnis, d.h. dass der Geist und nicht der Körper das wichtigste ist, dass man durch Essen über das Sättigungsgefühl hinaus nicht kräftiger, sondern schwächer wird und außerdem die angesammelten Schlacken (Krankheit) wieder ausscheiden muss.