Wunderkuren im Altertum

Im Dodekanes, der griechischen Inselgruppe an der Südwestecke von Kleinasien, liegt die Insel Kos, die Heimat des „Vaters der Heilkunde“ Hippokrates. Im Jahre 400 v .Chr. war das dortige Asklepieion, eine Kuranstalt und Ärzteschule, weltbekannt wegen seiner Heilerfolge, und mehrere Jahrhunderte strömten die Kranken aus allen Erdteilen dorthin.

Die Wunderheilungen wurden auf Inschrifttafeln verzeichnet und innerhalb der Mauern der Kuranstalt aufgestellt. Pausnias, ein Schriftsteller des Altertums, besuchte im Jahre 165 n. Chr. den Ort und sah noch 6 solcher Tafeln.1902 gelang es dem Forscher R. Herzog, den durch Erdbeben verschütteten Ort ausfindig zu machen und auszugraben. Er fand noch 3 1/2 Tafeln, deren Inschriften aus der zweiten Hälfte des 4. Jahrhunderts v. Chr. stammen und uns insgesamt 70 Heilungen überliefern. Wer sie studiert, wird aufs äußerste überrascht sein, wie wenig sich in fast zweieinhalb Jahrtausenden auf dem Gebiet des Heilwunders geändert hat.

Genau die gleichen Berichte, oft sogar wortgetreu, lesen wir heute sowohl aus modernen Wunderorten oder von Wunderdoktoren, wie aus den Tempeln der exaktesten Wissenschaft.
Schwindsucht, Lähmungen, Blindheit, Stummheit, Kinderlosigkeit, Wassersucht, Geschwüre, Kropf, Ischias, Krebs, Verdauungsstörungen und viele andere Leiden wurden in dem altgriechischen Wunderort geheilt. Und durch welche Heilmethode?

Durch Ruhe, Diät, Arzneien, Tempelschlaf (Hypnose?), in erster Linie aber durch den Glauben an die Wunderwirkung des Ortes und die Wunderkräfte der Priesterärzte. Das auffallende ist, dass auf Kos nicht nur die Gläubigen geheilt wurden, sondern auch, wie uns die Inschriften berichten, die Zweifler und Spötter. Es ist eine alte Erfahrung, dass gerade diejenigen Menschen, die sich für besonders stark halten, in körperlicher und geistiger Hinsicht am leichtesten der suggestiven Macht von Persönlichkeiten und Orten unterliegen.

Das Vertrauen zu einer priester-ärztlichen Persönlichkeit steht, wie dieser Bericht zeigt, seit uralten Zeiten an der Spitze aller Heilfaktoren. Die Kräfte, die von solchen Persönlichkeiten ausgehen, seien es nun Ärzte, Propheten, Politiker oder Wunderdoktoren, sind geistiger Art, und mit den Worten Suggestion oder Psychotherapie werden wir ihnen nicht voll gerecht.

Mit Suggestion ist eine Absicht verbunden, diese Heilkräfte aber sind unbewusst. Der Heiler hat anfangs nicht die Absicht zu heilen, sondern er merkt zuerst, dass er heilt, und unterstellt erst dann diese Heilkraft seinem Willen. Auch Wunderorte werden erst dann bekannt, wenn sie Heilungen schon vollbracht haben. Das Wesen dieser Heilkräfte ist mit dem Verstand nicht zu erfassen. Sie sind ein Beweis dafür, dass eine göttliche Welt in unsere irdische hereinragt.

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